Blog N° 24
30th ANNIVERSERY
of GÖTTERDÄMMERUNG ant METAL
oder: "Nie wieder ohne meine Double-Bass"
1986... im flauschigen Frühjahr meines verfickten Entlassungsjahres, vor nun mehr ziemlich exakt 30 Jahren, begann für mich ein völlig neuer und einschneidener Abschnitt meines Alltags, nämlich täglich aus dem Knast heraus draußen zur Berufsschule zu gehen. Als ein sogenannter Freigänger. Nach der Schule aber, in Kreuzberg, begegnete mir damals dafür mehrfach eine recht angenehm durchgeschobene Punkette. Zwar meist nur kurz auf den Straßen rund des Oranien-Highways, doch dafür niemals ohne jeden Zweifel daran, bald zu verzweifeln, wenn sie es nicht endlich schaffte, eine ganz bestimmte Musik-Kassette für mich einzustecken – ein selbst bespieltes Tape. Denn immerhin hatte sich inzwischen schon der Walkman im Alltag durchgesetzt und man wurde nicht mehr mit Stöpseln im Ohr misstrauisch von Bürgern beäugt - zudem meine ich mich zu erinnern, dass jene Dame wahrscheinlich auch meinem Beuteschema entsprach, wie fast alles was zu jener Zeit nicht schnell genug auf dem Baum war, jedoch fehlten mir schlichtweg die Möglichkeiten. Alleine dieses jeden Tag immer wieder zum Kacken & Knacken in die Kiste zu müssen. Dann auch noch freiwillig und pünktlich wie die scheiß Nazis. Voll zum Kotzen. Auf ganzer Linie gänzlich grauenvoll. Total irrrealer Scheiß.
Das nette schrille Fräulein schien immerhin ihrerseits ganz überzeugt davon, ob ihrer (heiligen) Mission selbstüberspielte Tapes zu verbreiten, so glaubte sie fest, dass ich mir unbedingt einmal diese neue Band anhören müsse - nach ihrem Willen sogar am Besten umgehend. Dass dadurch aber auch im Handstreich meine gesamte Musikwelt total auf den Kopf gestellt würde, konnte da noch keiner ahnen, außer dieser verrückten „Wahrsagerin“ vielleicht. Allerdings nachdem ich das Tape irgendwann doch bekam, sollte in mir wider persönlichen Geschmackes so etwas wie ein nigelnagelneues Musikverständnis erwachen - eine gänzlich Neue aber auch „leicht“ gewöhnungsbedürftige verrückte neue Welt aus krassen Tönen und abgefahrensten Beats begann in mir Wurzeln zu schlagen.
Obwohl ich auch ehrlicherweise Eingestehen muss, dass mir Anfangs kaum mehr als nur zwei mickrige Stücke richtig gut gefielen. Von zwei Scheiben! Ihren beiden Ersten. Dennoch spielte ich ständig dieses Tape in dem alten buckeligen High-End-Walkman rauf und runter.... !!
Nur was geschah da bei mir? War es eine von übermäßig missionarischer Euphorie überzogene Dreingabe einer ansonsten nett- und wohlgesonnen Vollirren...(?) oder womöglich nur eine Art von perverser Masoscheiße...(?) oder „musste“ ich es mir einfach immer wieder und wieder reinziehen, dabei teilweise von solch fassungsloser Ungläubigkeit beseelt, darüber, was schräge Typen mit harmlos wirkenden Instrumenten alles anzustellen vermochten. Allerdings bekam ich im gleichen Augenblick auch den stark intuitiven Impuls, wie Anders dieser neue Scheiß tatsächlich war, wie derbe und krass, und dass sicherlich noch große Veränderungen bevorstünden.
Naja, viel Blabla....
Doch was sich heute überhaupt nicht mehr leugnen lässt, ist die verdammte Tatsache, über den Beginn einer aufsteigenden Götterdämmerung - (falls ich den Begriff hier überhaupt richtig gebrauche!?) - Denn in der Vergangenheit gab es für mich im Schlagzeughimmel immer nur Platz für einen Gott, natürlich für den grandiosen großen Autodidakten „Ian Paice“ von DEEP PURPLE. Somit stellte mal für mich diese Deep-Purple-Diva schlechterdings das höchste Maß aller geklopften Tatsachen dar – worin selbst meine Feinde einig waren!! Alleine nur sein Soli bei The Mule auf der Made In Japan, purer Wahnsinn, und das schaffte der alles ohne Lehrer oder auch nur eine einzige Note zu können. Klar, dass bei mir darauf ebenso galt, nur mit Prädikat „Selbstbeigebracht“ konnten gute Vitas für Rockstars aussehen, ein absolutes Nachahmungsmuss. Keine Lehrer. Keine Notenberge. Ich habe diesen Scheiß geliebt. Allerdings plötzlich taugte mein alteingesessener Gott höchstens noch zum Götterboten, für den schon bald eines deutlich wurde, der alte Mann hatte ausgedient. Verdrängt auf Platz Zwei. Denn jener besondere Trommler, dieser neuen Combo, war nicht nur mein Jahrgang. Nein, ... er spielte... wie sag ich es am Besten ... ich glaube, er spielte geradewegs aus den zugeschissenen Winkeln der tiefsten Abgründe meiner vollends verkommenen Seele – oder wie auch immer ihr dieses kleine halblebige Ding zwischen Erde und Himmel nennen möchtet. Trotzdem sich mir der Sound nach wie vor etwas schleppend erschloss, konnte ich ebenso wenig leugnen, dass dieses ehemalige Tennisjüngelchen aus Skandinavien ganz genau so trommelte, wie ich fühlte - und wie ich es direkt auch gerne gewollt hätte.
Ich lauschte von nun an immer andächtiger seinen Beats, als würde ich in einer abgefuckten Bibel lesen oder so. Vielleicht war ich vorher ja sogar schon länger auf der „Suche“ nach diesem coolen Motherfucker gewesen. Jedenfalls endete damit jegliche unterbewusste Suche – Endete im absoluten Rausch meines auf Links gedrehten Musikhorizonts.
Obwohl es gleichzeitig bedeutete, einer spontanen Selbstentzündung gleich, meine gesamte musikalisch altehrwürdige Punkrock- und Hardcore-Welt zu Grabe zu tragen. Die ganzen alten Sachen klangen plötzlich für mich kaum noch anders als seichte Schlagerkacke, gegen das was die vier langhaarigen Bubis aus Kalifornien durch die Boxen hämmerte. Es war so hart, so schnell und trotzdem durchsetzt von melodischsten Läufen, mit ganz aberwitzigen Breaks und geilen Tempiwechseln, und dabei auch noch durchweg unterlegt von dieser so abartig bösen DoubleBassDrum, die mit solch einem Druck daher kam, dass es einem augenblicklich den Beutel nach Innen trieb...
Diese Jungs waren einfach der absolute Hammer, pures Gold, und begründeten meinen Entschluss zu Konvertieren. Zu einem neuen Glauben. Zum Heavy Metal und seinen lebenden Stellvertretern auf Erden ... fuck ... verheißen und verehren sollt ihr ihren Namen, und dieser lautet für immerdar – METALLICA - ja...!!
So denn preise ich seither meinem Herren und Gelösten, dem Trommelgott, dem Einzigen und Wahren, diesem nicht mehr das Wasser zu reichenden Doublebassdrumgenie mit dem völlig unspektakulären Namen, Lars Ulrich ... !!
Da es das absolut Abgefahrenste war, was ich und andere bis dahin je hörten, musste ich schließlich auch zwangsläufig dem Ganzen verfallen. Ist doch Ehrensache. Wie eine Art Naturgesetz steht darum fest, seit verfickten DREISSIG JAHREN bete ich unverfroren zu METALLICA, explizit Lars Ulrich!
Doch um den Deckel richtig dicht zu machen, möchte ich noch eine hochaktuelle Randbemerkung verkünden, nämlich dass ich vor Kurzem wieder anfing mich alten Süchten hinzugeben. Es zwickte und zwackte schon seit Jahren massiv. Ein stillschreiendes Verlangen direkt aus dem unterirdischen Sumpf meiner Selbst.
So würde ich zu gerne wieder mal mit von Rimshoots blutig gehauenen Fingern so wild und hart auf die Schießbude einhacken, bis einem bei jedem Beckenabschlag die Splitter der sich auflösenden Sticks wie scheiß Geschosse um die Ohren fliegen.
Nägel mit Köpfen, stand daher irgendwann im Programm einer meiner ToDo-Listen, weshalb ich vor Wochen spontan zu einer Probestunde der Drum-School Berlin bin.
Richtig extrageil an dem Laden ist jedoch nicht nur der echte 24/7 Zugang zu Übungsräumen, wovon sogar einer zusätzlich mit Gitarren-Amp bestückt ist, um sich eine Begleitung mitbringen zu können, doch der Oberflash sind die großen nicht vernagelten Fenstern. Mein Lieblingsraum, im 3.Stock, hat seinen Ausblick auf einen kleinen Fernbahnhof. Sehr Idyllisch. Besonders des Nächtens. Wenn es im ganzen Hause totenstill ist, wenn du auf 5 Etagen und von über 90 ÜbungsRäumen der Einzige bist, der dort seine Rudiments in die Stille klopft, mit Fensterblick auf Sterne und Lampen. Hat echt etwas besonderes.
Nun ist wohl alles klar, ihr liebevoll Irren und Mitverschwörer, oder...
Denn nachdem die Lesungen es schafften, dass ich meine nervige Bühnenphobie verliere, könnte jetzt doch sicher ALLES passieren ... (!!)
HAVE A NICE WEEKEND – EUCH ALLEN
©13.Oktober 2016 by Ameise
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