Berlin-Kreuzberg
Letzten Donnerstagabend in Berlin-Kreuzberg. Wir gehen zum Kotti, um – nein, nicht Pflastersteine zu schmeißen, sondern im Kreuzberg-Museum die 1980er Jahre Revue passieren zu lassen. Im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie und der Ausstellung “AugenBlicke, Stillstand und Bewegung. Fotografien aus Kreuzberg” hatte mann zu einer multimedialen Veranstaltung eingeladen, wie die Ankündigung versprach. Zwar fand das Event im Dachgeschoss statt, doch unterirdischer ging´s nimmer:
Der Veranstaltungsraum im Kreuzberg-Museum ist gerammelt voll. DieKreuzberger 50+ Gesellschaft, ein Mix aus Bohème, Ex-Punks, Ex-Junckies, Ex-Hausbesetzern, hat sich dort versammelt. Gemeinsam mit den Senioren H.-J.-Hillmann, Volker Hauptvogel, Klaus Theuerkauf und Frank-Kirk Ehm-Marks sollen die 1980er Jahre beweihräuchert werden. Steine schmeißen, Bullen und Popper verkloppen, aus Scheiße Kunst machen, klauen, saufen, fixen. Hatten die Kreuzberger Bordelle überhaupt Nutten? Wir smokten alles gegen alles! Und wie schlau, schon damals eine Galerie in der Oranienstraße angemietet zu haben!Früher war alles besser. Tja, wenn mann da aber nicht lesen und schreiben gelernt hat, helfen einem die eigenen Memoiren überhaupt nichts. Die alten Herren holpern durch ihre öden und blöden Rückblicke, das Publikum schaltet ab und zischt seine Biere. Mann hat ja auch schon genug gelacht, z.B. über den Freitod einer 16jährigen betrunkenen Touristin, die von einem Kumpel vom Oranienplatz in die Wohnung verschleppt und angegrabscht wurde und daraufhin aus dem Fenster sprang. Eine Zuhörerin bemängelt, dass keine Frauen auf dem Podium sitzen. Welche Frau täte sich das denn freiwillig an? Gewaltverherrlichung, Zynismus und Reaktion erleben wir tagtäglich genug. Dazu muss nicht jetzt auch noch dasKreuzberg-Museum einladen, das doch sonst für seine kritischen und informativen Veranstaltungen bekannt ist. Dieses Mal sagt Berlin-Woman “Nein Danke”!